Heute gibt es unzählige hochspezialisierte Arten von Kältemitteln, von denen jedes seine eigenen Vor- und Nachteile hat.
Kleines 1 x 1 der Kältemittel
Schwitzt du noch oder blickst du schon ganz cool durch?
Montag, 16.01.2023
Ohne sie geht gar nichts im Kältekreislauf: Kältemittel halten alles am Laufen – und müssen dafür selbst auch so einiges durchlaufen und extrem "wandlungsfähig" sein. Sie werden immer wieder aufs Neue verdampft, verdichtet, verflüssigt und das alles, ohne sich dabei zu verbrauchen. Klar, dass sie dafür ganz besondere Eigenschaften mitbringen müssen.
Physikalische Eigenschaften: • Große Verdampfungsenthalpie • Große volumetrische Kälteleistung • Geringes Druckverhältnis zwischen Verdampfung und Kondensation • Hohe Wärmeleitfähigkeit und hohe Wärmeübergangskoeffizienten • Hoher kritischer Druck und hohe kritische Temperatur
Chemische Eigenschaften: • Nicht baustoffschädigend und korrosiv • Nicht brennbar • Nicht explosiv • Chemisch und thermisch beständig
Physiologische Eigenschaften: • Nicht toxisch • Charakteristische Warnwirkung bei toxischen Stoffen • Keine krebserregenden Stoffe
Ökonomische Eigenschaften: • Geringe Anschaffungskosten • Hohe Verfügbarkeit
Ökologische Eigenschaften: • Kein Ozonabbaupotential (ODP) • Geringes Treibhauspotential (GWP)
Wandlungsfähig, vielseitig … aber alle Achtung bei der Auswahl
DAS Universalkältemittel gibt es leider nicht. Vielmehr gibt es heute unzählige hochspezialisierte Arten von Kältemitteln, von denen jedes seine eigenen Vor- und Nachteile hat. Für die Auswahl eines geeigneten Kältemittels werden die jeweiligen thermo-physikalischen, chemischen, ökologischen, physiologischen und ökonomischen Eigenschaften beurteilt. Nicht nur deswegen ist es wichtig, sich im "1 × 1 der Kältemittel" auszukennen, sondern auch, weil Kältemittel viele Risiken und Gefahren für Mensch und Umwelt bergen. Das beste Beispiel sind Fluorchlorkohlenwasserstoffe, besser bekannt unter dem Namen FCKW. Noch vor rund 30 bis 40 Jahren steckten diese in vielen Produkten des täglichen Lebens, zum Beispiel als Kühlmittel für Kühlschränke oder als Treibgas in Spraydosen. Die Gase sind geruchlos, unsichtbar und galten als harmlos für Menschen und Tiere. Wie sich jedoch herausstellte, führten sie zu einer großen Klimakrise, dem Ozonloch. Deswegen wurden in der so genannten F-Gase-Verordnung strenge Regeln für den Umgang mit Kältemitteln festgelegt. Die Zielsetzung, die dahinter steht: Die europaweiten Emissionen von klimarelevanten F-Gasen sollen bis zum Jahr 2030 in einem stufenweisen "F-Gase Phase Down" um 70 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 reduziert werden.
RRRR - so viele Zahlen und Kürzel!
Kältemittel sind durch ein R (für Refrigerant) und eine dreistellige Zahl gekennzeichnet. Sie gibt die jeweilige Anzahl der Fluoratome, Wasserstoffatome und Kohlenstoffatome wieder. So ist die 200er-Gruppe beispielsweise gültig für die Basis Propan, die 400er-Gruppe definiert zeotrope Gemische, azeotrope Gemische werden in der 500er-Gruppe zusammengefasst. Anorganische Kältemittel sind in der 700er-Gruppe zu finden. Zur grundlegenden Unterscheidung lässt sich festhalten: Es gibt synthetische, also künstlich hergestellte Kältemittel, und natürliche Kältemittel. Letztere werden in Zukunft immer stärker an Bedeutung gewinnen.
Natürliche Kältemittel
Sie kommen, wie der Name schon vermuten lässt, in der Natur vor und benötigen kein besonderes Herstellungsverfahren. Meist bestehen sie aus einem Gemisch aus Stickstoff, Wasserstoff, Kohlenstoff und Sauerstoff. Wurden die natürlichen Kältemittel in der Vergangenheit noch hauptsächlich in Kühlschränken eingesetzt, finden sie aufgrund ihrer guten Umweltbilanz immer häufiger Verwendung in Klimageräten. Die natürlichen Kältemittel haben allesamt ein wesentlich geringeres Treibhauspotential als künstlich hergestellte Kältemittel. Natürliche Kältemittel sind beispielsweise Kohlenwasserstoffe, Kohlendioxid, Ammoniak und Wasser. Sie zeichnen sich durch eine hohe Umweltverträglichkeit aus, können jedoch eine Gefahr für die Gesundheit des Menschen bergen und kommen daher hauptsächlich in industriellen Anlagen mit hohen Sicherheitsstandards zum Einsatz. In Geräten des Hausgebrauchs werden dagegen Kohlenwasserstoffe, wie Isobutan (R-600A) oder Propan (R-290), als Kältemittel genutzt.
Synthetische Kältemittel
Hierbei handelt es sich um künstlich hergestellte Kältemittel (Halogenkohlenwasserstoffe). Über die Jahre wurden die Kältemittel konsequent weiterentwickelt, um sie hinsichtlich Leistung, Nachhaltigkeit und Preis zu verbessern. In der Vergangenheit wurden bereits auf dem Markt gebräuchliche Kältemittel durch neuere, weiterentwickelte Varianten mit teils anderer Zusammensetzung ersetzt. Zudem wurden verschiedene Kältemittel in Kältemittelgemischen vereint.
Wichtige Messgrößen: GWP, ODP und TEWI
Das Erderwärmungspotential GWP (Global Warming Potential / Greenhouse Warming Potential) ist eine der wichtigsten Messgrößen zur Beurteilung von Kältemitteln. Die GWP-Angabe beschreibt den relativen Beitrag zum Treibhauseffekt. Mit dem GWP wird das Treibhauspotential eines Stoffes im Gegensatz zur gleichen Masse CO2 dargestellt. Der GWP-Faktor macht also eine Aussage darüber, wieviel Mal stärker im Vergleich zu CO2 der Beitrag des jeweiligen Kältemittels zum direkten Treibhauseffekt ist – über einen Zeithorizont von 100 Jahren betrachtet. Je geringer das GWP, umso geringer ist das Gefährdungspotential für die Umwelt.
Das ODP (Ozone Depletion Potential) gibt die ozonzerstörende Wirkung eines Kältemittels an. Der dimensionslose ODP-Wert beschreibt den relativen Effekt des Abbaus der Ozonschicht, der durch einen Stoff ausgelöst werden kann. Referenz für den ODP-Wert 1 ist die Substanz Trichlorfluormethan (R-11). Werte über 1 sind also stärker ozonabbauend, Werte unter 1 weniger ozonabbauend als R-11.
Der TEWI (Total Equivalent Warming Impact) berücksichtigt die Summe der direkten und indirekten Emissionen der Treibhausgase über die Betriebszeit einer Anlage. Unter den direkten Emissionen wird der GWP-Beitrag des Kältemittels bei Undichtigkeiten und Anlagenentsorgung verstanden. Indirekte Emissionen bezeichnen den Beitrag der CO2-Emissionen, die sich aus dem Energieverbrauch zum Betrieb der Anlage ergeben. Je stärker die Kältemittelfüllmengen bzw. mögliche Kältemittelverluste minimiert werden, umso geringer ist der Einfluss des GWP auf den TEWI.
Was ist was? Wichtige Definitionen und Begriffe
FCKW: Vollhalogenierte Fluorchlorkohlenwasserstoffe (z.B. R-11, R-12, R-13). Sie sind chemisch sehr stabil und erreichen daher nach einigen Jahren unverändert die Stratosphäre. Da sie zur Zerstörung der Ozonschicht führen, wurden im Zuge des FCKW-Ausstiegs in den 1990er-Jahren fast alle ozonabbauenden Kältemittel verboten und durch teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW) ersetzt.
H-FCKW: Enthält zusätzlich Wasserstoffatome, die für einen schnelleren Abbau sorgen. Diese Kältemittel sind chemisch nicht so stabil wie FCKW. Seit 2015 gilt jedoch auch für diese Kältemittel (z.B. R-22, R-123) ein generelles Verbot.
HFKW: Hierbei handelt es sich um chlorfreie Kältemittel, die die Ozonschicht zwar nicht angreifen, aber trotzdem zum Treibhauseffekt beitragen. Beispielsweise ist das heute in stationären Klimaanlagen gebräuchliche R-410A mit einem GWP-Wert von 1.725 sehr klimaschädlich und sollte nie in die Umwelt entweichen.
Zeotrope Kältemittel bestehen aus einem Gemisch verschiedener Kältemittel, die bei jeweils gleichem Druck und unterschiedlicher Temperatur verdampfen und sich verflüssigen. Das heißt: Die Zusammensetzung von Flüssigkeit und Dampf ist hier immer unterschiedlich und die Tau- und Siedekurve berühren sich in keinem Punkt.
Azeotrope Kältemittel sind Gemische, deren Tau- und Siedekurven sich in mindestens einem Punkt berühren. Hier ist die Zusammensetzung in Dampf und Flüssigkeit also immer gleich.
HFO steht für Hydro-Fluor-Olefine. Dabei handelt es sich um ungesättigte HFKW mit chemischer Doppelbindung, die sich durch geringe GWP-Werte auszeichnen.
Ausgewählte Kältemittel-Kandidaten im Überblick:
Propan, Propen und Butan sind nicht halogenierte (chlorierte oder fluorierte) Kohlenwasserstoffe und daher nicht ozonschädigend, kaum klimaschädlich und ungiftig. Dafür sind sie jedoch brennbar, und wenn sie in nennenswerten Konzentrationen in die Luft gelangen, besteht Explosionsgefahr. Entsprechend sind mehr oder weniger aufwändige technische Maßnahmen erforderlich, um solche Stoffe sicher anzuwenden. Das umweltschonende Kältemittel R-290 (Propan) gilt heute als ein Favorit für Wärmepumpen und viele andere kältetechnische Geräte.
Kohlendioxid (CO2, R-744) ist zwar im Prinzip klimaschädlich, jedoch weitaus weniger als FCKW und H-FKW, und die in Kälteaggregaten und Wärmepumpen benötigten Mengen sind relativ gering. CO2 ist auch sicherheitstechnisch relativ unbedenklich, da nicht brennbar sowie sehr kostengünstig erhältlich. Ein Nachteil ist jedoch, dass es nur bei einem recht hohen Druck verflüssigt werden kann, so dass CO2-basierte Aggregate entsprechend aufwändiger sind. Ansonsten sind die kältetechnischen Eigenschaften durchaus günstig, insbesondere benötigt man nur die Umwälzung relativ geringer Mengen dieses Kältemittels, da seine volumetrische Kälteleistung sehr hoch ist.
Ammoniak (R-717) wird schon sehr lange als Kältemittel sowohl in industriellen Anlagen also auch in Kleinanlagen (auch Absorptions-Wärmepumpen) verwendet. Es ist nicht klimaschädlich, allerdings ziemlich giftig, also problematisch z.B. bei Leckagen. Außerdem greift es in Verbindung mit Wasser diverse Metalle wie Kupfer an. Aus solchen Gründen wurde Ammoniak vor allem bei kleinen Anlagen weitgehend durch halogenierte Kohlenwasserstoffe ersetzt, trotz deren Klimaschädlichkeit.
Difluormethan (R-32): Viele der führenden Hersteller von Split-Klimageräten setzen das Kältemittel R-32 ein. Es weist einen GWP von 675 aus und erfüllt damit die Anforderungen der F-Gase-Verordnung für das Jahr 2025.
Wasser (R-718) darf als das wohl natürlichste und "sauberste" Kältemittel schlechthin gelten, ist jedoch nur für Temperaturen über 0 °C einsetzbar. Mit einem GWP von 0 hat es keinerlei Treibhauspotential, ist in unseren Regionen uneingeschränkt verfügbar und weder giftig noch brennbar. Da es gasförmig einen sehr niedrigen Druck hat, müssen entsprechend große Volumina gefördert werden. Dennoch stellt es eine ökologisch und ökonomisch nachhaltige Alternative für die Kühlung von beispielsweise Gebäuden, Rechenzentren und einer Vielzahl industrieller Prozesse dar.
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