Auslegungssache: Für eine gut funktionierende Entwässerung geht’s um mehr als Gefälle.
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Ohne Scheiß: Planung ist hier alles.
Montag, 30.09.2024
Hauptsache, das Gefälle stimmt in etwa – dann wird schon alles ablaufen? Weit gefehlt. Wer sich bei der Planung und Installation einer Entwässerungsanlage auf grobe Daumenregeln verlässt, wird bei seinen Kunden schnell für unangenehme Überraschungen sorgen, wie zum Beispiel leergesaugte Siphons oder stark schwankende Wasserpegel im WC. Denn neben dem Gefälle müssen noch viele andere Parameter passen: Welche Abflusskennzahl kommt in Betracht? Welche Rohrinnendurchmesser sind ausreichend? Und welche Spülwassermengen kommen zusammen, wenn mehrere Entwässerungsgegenstände gleichzeitig benutzt werden? All solche Fragen gilt es zu durchdenken, wenn am Ende die Abwasserhydraulik reibungslos funktionieren soll.
Dimensionierung durchdenken
Ebenfalls ein entscheidender Knackpunkt: Geht es um einen Neubau oder um die Teilsanierung eines Altbaus? Der Hintergrund: 1960 waren zum Beispiel noch Spülmengen von 14 Litern bei WCs üblich, heute werden wassersparende Sanitärapparate eingebaut, bei denen die durchschnittliche Menge bei sechs Litern liegt. Bei einer Altbausanierung muss daher das gesamte Abwassersystem betrachtet werden, also auch das, was an Grundleitungen schon da ist, damit am Ende wieder alles schlüssig zusammenpasst.
Überdimensionierung: Viel hilft nicht viel ...
Viele WC-Anschlussleitungen werden noch immer mit Rohren in DN 100 verlegt, dabei ist in der Regel die Nennweite DN 90 ausreichend, auch bei mehrgeschossigen Gebäuden. Die Vorteile kleiner dimensionierter Rohre liegen auf der Hand: Sie sind kostengünstiger und einfacher zu montieren, überzeugen durch bessere hydraulische Eigenschaften und kommen mit geringeren Schacht- und Vorwandtiefen aus. Sind Abwasserleitungen zu groß dimensioniert, können Feststoffe in den horizontalen Leitungen aufgrund des zu geringen Füllungsgrads nicht abtransportiert werden.
Mal was abzweigen? Bogenradius beachten!
Auch die Strömungsverhältnisse in den Rohren, insbesondere bei Abzweigungen, spielen eine wichtige Rolle. In Strömungsversuchen hat man etwa festgestellt, dass die Strömungsverhältnisse in einer Fallleitung ungünstig sind, wenn Abzweige zwischen 87° und 88,5° ohne Bogenradius eingesetzt werden. Hier wird nämlich der Querschnitt der Fallleitung durch abfließendes Wasser größtenteils verschlossen und behindert so das Nachströmverhalten der Luft im Fallstrang. Das Optimum liegt bei einem Bogenabzweig von 88,5°, mit dem sich die Ablaufleistung um ca. 30 Prozent steigern lässt. Auch bei einem Doppelabzweig, mit dem gegenüberliegende Sanitärapparate auf gleicher Höhe ohne gegenseitige Beeinflussung angeschlossen werden können, spielt der Bogenradius die entscheidende Rolle und sollte mindestens die Größe des halben Durchmessers haben.
Für Formel-Fans: Wichtige Kennzahlen und Berechnungen auf einen Blick
Anschlusswert DU (= Design Unit): Er ist maßgeblich für die Dimensionierung von Anschlussleitungen und informiert euch über die Wassermenge, die vom Sanitärobjekt abfließt, genauer: Die Ablaufleistung des Objekts in Litern pro Sekunde. Für die heute üblichen Spülkästen mit einer Spülwassermenge von 6 Litern beträgt der Anschlusswert DU = 2 l/s, bei diesem Wert ist die Anschlussleitung mit DN 90 richtig dimensioniert. Auch bei WC-Keramiken mit 4 oder 4,5 Litern Spülwassermenge passt das. Mit einer herkömmlichen Leitung von DN 100 wird der notwendige Füllungsgrad nicht erreicht.
Abflusskennzahl K: Sie ist ein Maß dafür, wie häufig Sanitärobjekte in einem Haus genutzt werden und berücksichtigt außerdem, wie hoch die Wahrscheinlichkeit einer gleichzeitigen Benutzung der angeschlossenen Sanitärobjekte ist. Je nach Gebäudeart gibt es deshalb unterschiedliche Abflusskennzahlen. Denn je größer die Belastung der Sammelanschlussleitung voraussichtlich sein wird, umso weniger Sanitärobjekte können angeschlossen werden.