Eine kurze Klo-Kult-Tour durch die Geschichte des WCs
Eine kurze Klo-Kult-Tour durch die Geschichte des WCs
Wahrscheinlich verschwenden die meisten Menschen beim täglichen Toilettengang kaum einen Gedanken daran, welcher "Luxus" ihnen dabei eigentlich zuteil wird. Höchste Zeit, das Thema "Entwässerungsgegenstand WC" mal durch die (Klo-)Brille der Kulturgeschichte zu betrachten!
Die ältesten bisher bekannten Toiletten dürften wohl die Sumerer 3.500 bis 3.000 v. Chr. gebaut haben. Es handelte sich dabei um tiefe Gruben, die von ineinander gestapelten Keramikröhren ausgekleidet waren. Ein Spülsystem gab es hier noch nicht. Auch bei den Babyloniern gab es zwischen 3.000 bis 500 v. Chr. erste Vorgänger unserer Klos. Sie bestanden aus zwei kleinen Mauern mit einem schmalen Zwischenraum für die Fäkalien, die dann mit Badewasser in Kanäle gespült wurden.
Die erste funktionsfähige Kanalisation stammt aus der Zeit zwischen 2.600 und 1.800 v. Chr. Das Volk der Indus aus dem heutigen Pakistan stattete schon damals fast jedes Haus mit einer eigenen Toilette aus, die über tönerne Röhren mit der unterirdischen Kanalisation verbunden war. Zu besichtigen sind die aus Ziegeln hergestellten Hausanschlüsse und Kanäle auch heute noch in Mohenjo-Daro nahe der Stadt Larkana in Pakistan. So richtig populär wurde der Klogang allerdings erst mit den alten Griechen und Römern.
In Zeiten des Römischen Reiches konnten die meisten Menschen öffentliche Latrinen mit ständiger Wasserspülung nutzen. In Räumen mit bis zu 25 Steinsitzen ohne Trennwände saßen sie dabei in geselliger Runde – alles andere als ein "stilles Örtchen" damals. Hier wurde nicht selten auch Geschäftliches besprochen – womit klar sein dürfte, woher der Ausdruck "sein Geschäft verrichten" stammt. Dank der römischen Aquädukte floss auch immer ausreichend Frischwasser, um einen zügigen Abtransport zu gewährleisten. Das bekannteste Abwasserbauwerk der Antike ist die legendäre "Cloaca Maxima" in Rom, ein gewaltiges unterirdisches System, das schon im 6. Jahrhundert v. Chr. angelegt worden sein soll. In einem rund drei Meter breiten und über vier Meter hohen Kanal kam hier das Abwasser aus Wohnhäusern, öffentlichen Bädern und Toiletten zusammen und wurde in den Tiber geleitet.
Mit dem Untergang des Römischen Reiches ging auch das Wissen um die gehobene Klo- und Kanalisations-Kultur verloren. Nun wurde alles häusliche Abwasser samt Inhalt der Nachttöpfe einfach auf die Straße gekippt. Entsprechend übel sah es dort dann auch aus. Verheerende Krankheiten wie Typhus- und Choleraepidemien waren die Folge. Lediglich die Bewohner der Burgen verfügten über "Plumpsklos" bzw. so genannte "Abtritterker" an den Außenseiten ihrer Gebäude. Eine luftigere Variante des Plumpsklos war der so genannte "Donnerbalken": Ein Brett in passender Höhe, auf dem gleich mehrere Leute im Freien nebeneinander Platz nehmen konnten, um gemeinsam zu "donnern". Zwar wurden auch im Mittelalter so genannte Ehgruben gebaut, um die Fäkalien zu sammeln. Sie hatten aber keinen Abfluss und mussten ab und zu geräumt werden. Die Gruben-Räumer starben nicht selten an den Folgen von Schwefelwasserstoffvergiftungen.
Auch in der Neuzeit verbesserte sich die Toilettensituation nicht wirklich. Selbst der Adel am Hofe Ludwigs XIV. schien auf Privatsphäre und Hygiene nicht viel Wert zu legen. Bei 2.000 Zimmern im Schloss von Versailles gab es gerade mal ein eingebautes Klo. Man hatte ja andererseits genügend Diener, die alle Hinterlassenschaften aus den Zimmern räumten. Weil öffentliche Toiletten gegen Ende des 18. Jahrhundert eine echte Seltenheit waren, boten Männer und Frauen mit langen Umhängen ihre Dienste als mobile "Dixi"-Klos an. Sie ließen Passanten unter ihren Mantel schlüpfen, wo diese in einem Eimer ihre Notdurft verrichten konnten.
Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte sich das Klo mit Spülung in Europa durch. Einen Vorläufer des Water Closets (daher übrigens die Abkürzung "WC") hatte der britische Dichter Sir John Harington bereits 1596 konstruiert, doch erst als Alexander Cummings 200 Jahre später ein Patent darauf anmeldete und dem Ganzen ein doppelt gekrümmtes Abflussrohr gegen Gestank hinzufügte – womit der Siphon erfunden war –, konnte das Spülklo Ende des 19. Jahrhunderts seinen Siegeszug antreten. Passend zum neuen Klo-Komfort kam etwa zeitgleich aus Amerika auch das erste kommerziell vertriebene Toilettenpapier auf den Markt. Davor hatte man sich mit Lappen, Stroh, Blättern, Schafswolle oder alten Zeitungen beholfen. In Deutschland gründete Hans Klenk 1928 in Ludwigsburg die erste Toilettenpapierfabrik. Zu jener Zeit bestand eine Rolle der Firma Hakle aus 1.000 Blatt rauem Krepppapier.
Bereits im Jahre 1739 war Wien als erste Stadt Europas vollständig kanalisiert. Ab 1842 wurde in London mit dem Bau der Kanalisation begonnen. Der Ingenieur Joseph Bazalgette errichtete ein modernes Kanalsystem mit einer Länge von fast 1.800 km unter London. Aufgrund der zunehmenden Industrialisierung und der Tatsache, dass nun auch giftige Industrieabfälle ins Abwasser gelangten, mussten nun auch die ersten Kläranlagen her. Das erste moderne Kanalisationssystem auf dem europäischen Festland entstand ab 1856 in Hamburg. Nach einer durch verunreinigtes Trinkwasser hervorgerufenen Choleraepidemie 1892 sorgte Robert Koch, Leiter des Preußischen Instituts für Infektionskrankheiten, dafür, dass der Bau einer Trinkwasserfiltration beauftragt wurde.
Wie man sieht, hat sich das Klo in den letzten 5.000 Jahren vom simplen Loch in der Erde zum multifunktionalen Hightech-Produkt gemausert. Bereits 1957 wurde von einem Schweizer namens Hans Maurer das erste Dusch-WC erfunden. Heute gibt es viele weitere Hightech- und Wellness-Funktionen – vom sanft vitalisierenden Duschstrahl über Warmluftföhn und Geruchsabsaugung bis hin zur WC-Sitz-Heizung – alles auch per App steuerbar, versteht sich. Doch ganz gleich, welche Toiletten-Rituale wo bevorzugt werden, die Klogänger in aller Welt nehmen Tag für Tag definitiv auf einem äußerst geschichtsträchtigen Entwässerungsgegenstand Platz ...
Hört sich lustig an, ist aber ein ernstes Thema: Alljährlich findet am 19. November der Welttoilettentag der Vereinten Nationen statt, der dafür sensibilisieren soll, dass Milliarden Menschen immer noch keine sichere Sanitärversorgung und saubere Toiletten haben.
Dienstag, 24.09.2024